Die Schlosskirche unter verschiedenen Adelsfamilien
Baron Stockhorner hat sich wohl mit dem Bau von Schloss und Kirche finanziell übernommen. Jedenfalls musste er das ganze Schlossgut bereits 1694 verkaufen, als die Kirche noch nicht einmal ganz eingerichtet war. Der neue Besitzer, Isaak Buirette von Öhlefeld hatte an der prächtigen figürlichen und malerischen Ausgestaltung der Schlosskirche ganz bestimmt keinen Gefallen; denn er war reformiert, zwar auch Glaubens-flüchtling aus einem habsburgischen Gebiet, aber aus Belgien, und damit aus dem calvinistischen Bereich. Seine Familie war über England nach Nürnberg gekommen. Er besaß auch ein Palais am Hugenottenplatz in Erlangen. In Wilhelmsdorf bei Neustadt/Aisch hatte er Glaubensflüchtlinge aus Frankreich angesiedelt. Die dortige Kirche war innen ziemlich kahl, weil die Reformierten das ursprüngliche 2. Gebot der Bibel beachten: „Du sollst dir kein Bildnis machen.“
So ist auch nicht anzunehmen, dass Isaak Buirette an der Hassenberger Kirche hat weiterbauen lassen. Das besorge erst der dritte Besitzer, General Heymard Schilling von Cannstadt, ab 1711. Er ließ die Kanzel und den Altar errichten. Das ist klar ersichtlich aus dem Wappen mit den Schwertern und Kleeblättern im Altaraufsatz zwischen den Figuren von Petrus und Paulus. Es ist dasselbe Wappen wie hinten links neben der Orgel (ursprünglich im Schloss). Das Allianzwappen ist das Schillingsche und das seiner Gemahlin Anna Magdalena Renner von Brand (bei Marktredwitz). mit dem schwarzen Pferdekopf.
Seit der letzten Renovierung 1980/81, bei der die alte bräunliche Farbfassung der Emporen und die schwarze von der Kanzel und Altar wiederhergestellt wurde, lässt sich deutlich erkennen, dass die Kanzel mit den Figuren der vier Evangelisten nachträglich an die Empore angefügt wurde. So befindet sich der Prediger auf gleicher Ebene mit den Männern, nur durch ein Türchen von ihnen getrennt. (Es empfiehlt sich, einmal hinaufzusteigen, auch um der Stuckdecke mit ihrer Früchtevielfalt noch näher zu kommen).
General Schilling soll auch in einer Gruft unter dem Altarraum begraben sein. Bei einer amtlichen Öffnung war aber nichts mehr von ihm zu finden. Das Grab ist schon lange vorher ausgeraubt worden. Es ging nämlich das Gerücht, der General habe vom Türkenkrieg reiche Beute mitgebracht und sei mit einer prächtigen Rüstung bestattet worden. Inzwischen ist die Gruft nicht mehr zugänglich.
Heymard von Schilling hatte nur zwei Töchter; die Erbin von Hassenberg heiratete Georg Albrecht von Kanne. Sein Wappen hängt hinten rechts neben der Orgel (Stierköpfe/Adler). In der übernächsten Generation heiratete Wilhelm von Wasmer nach Hassenberg (in 2. Ehe verh. mit Paula Brentano). Sein Wappen hängt ebenfalls hinten rechts neben der Orgel und noch einmal über dem Eingang zur Empore rechts (schräge Rauten). Dessen Enkel, Landschaftsdirektor Theodor von Wasmer, verh. mit Cornelia von Günderrode (Nicht der Dichterin Caroline v. G.), war bekannt dafür, dass er auf dem Schloss gern gefeiert hat. Nach seinem Tod 1856 musste seine Familie Konkurs anmelden und nach Coburg (ins Kipp’sche Haus) ziehen. Das ganze Gut wurde zerschlagen und versteigert. Den Kernbereich erhielt das Herzogtum Coburg und machte eine Strafanstalt daraus. Für die männlichen Gefangenen von der Veste wurde das Schloss selbst aufgestockt, die Frauen wurden in der „Villa“ (Halbrundbau, jetzt von der Fabrik Schmidt umschlossen) eingesperrt. Die Mauer, deren Reste noch an die Kirche anschließen, kam erst später hinzu.
Die Schlosskirche als Gefängniskirche
So wurde aus der Schlosskirche 1860 eine Anstaltskirche. Die gefangenen Frauen saßen unten, die Männer oben. Beim Abendmahl, wenn die Männer an der Kanzelseite hinunter zur Kommunion gingen, kamen sie zu dicht an den Frauen vorbei und konnten dort mit ihnen „kommunizieren“. Um dies zu vermeiden, wurde auf der gegenüberliegenden Seite die Mauer durchbrochen und eine steile Steintreppe eingebaut, wie sie heut noch vorhanden ist.
Damals erhielt die Kirche vorübergehend auch einen eigenen Anstaltsgeistlichen, den Vikar Adolph Fißmann. Später musste wieder der Gestungshäuser Pfarrer Hassenberg mit betreuen.
Übrigens stand bis dahin in der Kirche noch gar keine Orgel. Erst 1855 wurde der für 7 Monate eingesperrte Orgelbauer Georg Fr. Schneider beauftragt, schnell und billig eine zu bauen. Dementsprechend schlecht wurde sie dann auch, aber blieb erhalten bis 1992.
Auf dem Weg zur Gemeindekirche
1911 wurde die Strafanstalt, die zuletzt nur noch für Frauen bestimmt war, aufgelöst und das Schloss in eine Fabrik verwandelt. Die Kirche wurde 1912 vom Staat renoviert (s. Fenster über dem Haupteingang) und sollte von nun an als Gemeindekirche dienen. Der Gestungshäuser Pfarrer Krodel führte ab 1929 regelmäßige Gottesdienste in Hassenberg ein und bemühte sich um eine Übergabe des Gotteshauses vom Staat an eine neugegründete Tochterkirchengemeinde Hassenberg, was 1938 endlich erfolgen konnte. 1940 konnte die Gemeinde den Taufstein von der Gemeinde Grub a.F. übernehmen.
1950 wurde die Kirchengemeinde Hassenberg selbständig und um die Nachbarortschaft Wörlsdorf erweitert. Eine Vikarsstelle wurde errichtet, die 1954 während der Amtszeit von Hans-Georg Lubkoll in eine Pfarrstelle umgewandelt wurde (Damals mussten übrigens zwei neue Bankreihen vorne eingebaut werden wegen der gestiegenen Besucherzahl.). Erst jetzt war die Schlosskirche zur Pfarrkirche geworden.
1992 baute der Greizer Orgelbauer Hartmut Schüßler ein neues, wertvolles Werk in das Orgelgehäuse ein.
Dr. Hans-Ulrich Hofmann, Pfarrer